Selbstorganisierte Teams entwickeln: Es braucht eine methodische Vorgehensweise und konkrete Entwicklungsfelder. Führungskräfte und Teams erhalten in diesem Blog neun Tipps.

Selbstorganisierte Teams entwickeln

In diesem Blog-Beitrag „Selbstorganisierte Teams entwickeln“ beschreibe ich meine Praxiserfahrungen, Erkenntnisse und Tipps für Führungskräfte und Teams.

Im Einzelnen gehe ich auf folgende Aspekte ein:

  • Gründe für Selbstorganisation im Team
  • Vorteile von selbstorganisierten Teams
  • Ausrichtungen von selbstorganisierten Teams
  • Team-Reifegrad als Voraussetzung
  • Neun Tipps, um selbstorganisierte Teams zu entwickeln
  • Mein Fazit

Gründe für Selbstorganisation im Team

Die Arbeitswelt wird immer dynamischer, komplexer, digitaler und hybrider.

Eine Führungskraft kann nicht mehr die immense Anzahl von täglichen Entscheidungen allein fällen, alle notwendigen Kompetenzen abdecken und die vielfältigen Veränderungsinitiativen allein voranbringen.

Aufgrund der höheren Dynamik und Komplexität braucht es für den jeweiligen Vorgang angemessen

  • schnellere Entscheidungen

  • zügige Bearbeitungen von Vorgängen

  • zeitnahe Anpassungen auf Veränderungen

  • innovative Ideen für die Veränderungen und

  • vielfältig verfügbare Kompetenzen

Deshalb wird es in der Arbeitswelt immer wichtiger, Teams weiter zu befähigen, selbstorganisierter zu arbeiten.

Vorteile von selbstorganisierten Teams

Im Folgenden biete ich sieben Argumente an, warum es für Sie als Führungskraft sinnvoll ist, selbstorganisierte Teams zu entwickeln:

  • Erhöhung der Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit

Wenn Mitarbeiter in einem selbstorganisierten Team arbeiten, haben sie mehr Autonomie und eigene Kontrolle über ihre Arbeit, was sinnstiftend ist. Dies stellt einen wertvollen Beitrag dar, um motivierter und zufriedener mit der eigenen Arbeit zu sein.

  • Erhöhung der Effizienz

Selbstorganisierte Teams können schneller und effizienter Entscheidungen auf der wertschöpfenden Ebene treffen, da sie keine langwierigen Abstimmungsprozesse durchlaufen müssen. Dies führt zu einer schnelleren Umsetzung von Vorgängen und somit zu einer höheren Effizienz.

  • Verbesserung der Kommunikation

Selbstorganisierte Teams fördern die Kommunikation innerhalb des Teams. Indem Mitarbeiter gemeinsam Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen, können Missverständnisse und Konflikte reduziert werden.

  • Übernahme von Verantwortung

Selbstorganisierte Teams lernen schrittweise, Aufgaben und Verantwortlichkeiten klarer zu beschreiben, ihre Rollen im Team weiterzuentwickeln und so im Team abgestimmt mehr Verantwortung zu übernehmen.

  • Förderung von Innovationen

Selbstorganisierte Teams können innovativer sein, da sie mehr Freiheit und Flexibilität haben, um neue Ideen auszuprobieren. Sie können auch schneller auf Veränderungen reagieren und neue Lösungen entwickeln.

  • Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls und Mitarbeiterbindung

Selbstorganisierte Teams fördern das Gefühl der Zusammengehörigkeit, da die Mitarbeiter gemeinsam Verantwortung tragen und sich gegenseitig unterstützen. Dies ist eine wesentliche Basis für ein gutes Arbeitsklima und eine Bindung in dem Team.

  • Entlastung von Führungskräften für Aufgaben der neuen Arbeitswelt

Selbstorganisierte Teams entlasten Führungskräfte, um mehr Zeit für Führung, Transformation und strategische und visionäre Aufgaben zu haben. Diese Aufgaben brauchen in der neuen Arbeitswelt mehr Zeit als früher.

Häufiger wird mir die Frage gestellt, ob Führungskräfte überhaupt noch eine Rolle spielen bei selbstorganisierten Teams.

Aus meiner Sicht spielen Führungskräfte eine entscheidende Rolle. Sie sind Ermöglicher und Befähiger eines selbstorganisierten Teams.

Sicherlich gibt es auch Teams, die aus unterschiedlichen Gründen ohne direkte Führungskraft selbstorganisiert arbeiten. Das ist für mich aber nicht notgedrungen das finale Ziel für Teams, deren Selbstorganisation gestärkt werden soll.

Ausrichtungen von selbstorganisierten Teams

Eine gute Erkenntnis, wie selbstorganisierte Teams ausgerichtet sind, bieten meines Erachtens die Begriffe „Autonomie“ und „Ausrichtung“ (siehe Grafik unten).

Unter Autonomie kann man den Zustand der Selbstbestimmung verstehen. In einem vorgegebenen Rahmen werden vom Team selbstbestimmt Aufgaben und Verantwortlichkeiten umgesetzt.

Unter Ausrichtung eines Teams ist zu verstehen, das wesentliche Aspekte für das Team und innerhalb des Teams klar abgestimmt sind, z.B. Ziele, Aufgaben, Vereinbarungen und alle Teammitglieder die gleiche Zielrichtung verfolgen.

Ein selbstorganisiertes Team hat also eine hohe Autonomie bei gleichzeitig hoher Ausrichtung.

Bei der Entwicklung der Selbstorganisation geht es darum, den Rahmen für Autonomie und Ausrichtung bewusst festzulegen und zu beschreiben und dann schrittweise zu erweitern.

Das Team agiert dann frei innerhalb des abgestimmten Rahmens.

Team-Reifegrad als Voraussetzung für selbstorganisierte Teams

Ich erlebe häufiger, dass Teams sich auf den Weg zur Selbstorganisation machen, ohne dass der Reifegrad des Teams berücksichtigt wird.

Die Selbstorganisation im Team zu entwickeln, funktioniert aus meiner Sicht nur sinnvoll, wenn ein Mindestmaß an Teamreife vorhanden ist.

Wenn zum Beispiel ein Vertrauensverhältnis zwischen Teammitgliedern nicht ausreichend vorhanden ist, Team-Mitglieder nicht auf gute Weise Feedback geben können, Rollen und Verantwortlichkeiten im Team nicht von allen getragen wird, dann wird die Entwicklung zur Selbstorganisation nicht wirklich erfolgreich verlaufen.

Zur Klärung des Reifegrads, verwende ich gerne das Modell „Dysfunktionen eines Teams“ von Lencioni, wobei ich die Reifegrade positiv formuliere:

  1. Vertrauen im Team
  2. Konfliktfähigkeit im Team
  3. Commitment zum Team
  4. Gemeinsame Teamverantwortung
  5. Gemeinsame Zielverantwortung

Es lohnt sich meines Erachtens, bewusst Zeit mit dem Team in die Entwicklung des Team-Reifegrads zu investieren. Dieser Prozess kann auch zeitversetzt überlappend zur Entwicklung der Selbstorganisation stattfinden.

Wie ich dieses Modell „Dysfunktionen eines Teams“ von Lencioni in der Praxis verwende, werde ich gerne in einem anderen Blog berichten.

Neun Tipps, um selbstorganisierte Teams zu entwickeln

Auf Basis meiner Erfahrungen habe ich im Laufe der Jahre neun Gestaltungsmerkmale zur Entwicklung von selbstorganisierten Teams entwickelt, die ich schrittweise mit dem Team und der Führungskraft in jeweils unterschiedlichen Formaten umsetze.

1. Führungskraft als Befähiger des Teams, z.B.

  • bewusste Reflexion von Führung als Rolle (Aufgabe/Verantwortung/Kompetenz) statt als Hierarchie-Position
  • Klärung der eigenen Haltungs- und Kompetenzentwicklung für die Entwicklung eines selbstorganisierten Teams
  • Gestaltung von Interventionen zur Stärkung von Vertrauens-, Feedback- und Fehlerkultur im Team

2. Sinnhaltige Identifikation des Teams mit dem Ziel, z.B.

  • gemeinsame Beschreibung eines konkreten Zustands zu einem konkreten Zeitpunkt in der Zukunft durch Führungskraft und Team
  • gemeinsame Klarheit über den Sinn des Ziels

3. Rahmen für selbstorganisiertes Arbeiten im Team, z.B. Abstimmung über

  • das Spielfeld, auf dem das Team selbstorganisierter frei agieren soll und möchte
  • die Aufgaben, die durch das Team selbstorganisiert bearbeitet werden sollen
  • die Ressourcen, die zur Verfügung stehen
  • grundlegende Verantwortungen/Befugnisse/Kommunikationsstrukturen vom Team

4. Entwicklung von selbstorganisierter Verantwortung, z.B.

  • Klärung, welche Aufgaben das Team mit welchen Grad der Delegation übernimmt
  • wann welcher Delegationsgrad als nächster Schritt entwickelt werden soll

5. Gemeinsame Haltung und Denkweise im Team, z.B.

  • Team-Ziele und persönliche Ziele
  • Werte und Prinzipien im Team
  • Bedürfnisse und Erwartungen im Team
  • Regeln für die Zusammenarbeit im Team
  • Stärken und Fähigkeiten im Team
  • Schwächen und Risiken im Team

6. Vereinbarungen bzw. Spielregeln der Zusammenarbeit im Team, z.B. zu den Themen

  • Vertrauen,
  • Verantwortung
  • Ressourcen
  • Vertraulichkeit
  • Konflikte
  • Feedback

7. Rollen mit Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen im Team, z.B.

  • Rollen nach Stärken und Kompetenzen im Team finden
  • Rollen mit Aufgaben, Kompetenzen Verantwortung vereinbaren
  • Stärken von Teammitgliedern stärken
  • Kompetenzen für das Team verfügbar machen

8. Interne Kommunikations- und Reflexionsformate, z.B. sinnvoller Einsatz von

  • Daily Stand-up
  • Weekly
  • Retrospektiven
  • Kanban-Boards

9. Interne Entscheidungsprozesse, z.B.

  • schrittweise Entscheidungsprozesse im Team üben
  • Unterscheidung Konsens/Konsent lernen
  • Widerstandsabfragen nutzen

Mein Fazit

Aus meiner Erfahrung ist die Entwicklung von selbstorganisierten Teams auf Basis der neun Tipps methodisch gut umsetzbar, wenn

  • sich die Führungskraft Klarheit über die eigene Rolle, das Ziel und den Rahmen schafft,

  • das Team bereit ist, sich mit nächsten Schritten Richtung selbstorganisiertes Team zu beschäftigen,

  • Einsicht besteht, dass der Entwicklungsprozess eine längere Zeit dauert und Ressourcen benötigt werden und

  • eine ausreichende Teamreife für den Start Richtung selbstorganisiertes Team entwickelt wurde.

Nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf bei Rückfragen, Klärungsbedarf oder Interesse an einer Vertiefung zum Thema „Selbstorganisierte Teams entwickeln“.