Kulturwandel erkennbar und beschreibbar machen, ist eine große Herausforderung. Lesen Sie in diesem Blogbeitrag Tipps und Erfahrungen, wie Führungskräfte für einen Kulturwandel konkret erste Schritte einleiten können.
In diesem Blog-Beitrag „Kulturwandel erkennbar und beschreibbar machen – Tipps für Führungskräfte“ gehe ich im Einzelnen auf folgende Aspekte eines Kulturwandels ein:
- Warum Kulturwandel?
- Was ist Organisationskultur?
- Wie können Führungskräfte Organisationskultur weiterentwickeln?
- Worin liegt der Sinn, Organisationskultur erkennbar und beschreibbar zu machen?
- Wie können Führungskräfte Organisationskultur erkennbar und beschreibbar machen?
- Erkennbare und beschreibbare Merkmale von Organisationskultur
- Hebel für die Umsetzung von Kulturwandel
- Mein persönliches Fazit
Warum Kulturwandel?
Häufig wird bei Veränderungen in Organisationen ein sehr starker Fokus einseitig auf Strukturen, Prozesse und Systeme gelegt. Ohne Frage braucht es in der dynamischen Arbeitswelt hierzu viele neue Strategien und Lösungen. Jedoch ist parallel auch die Wandlung der Organisationkultur Voraussetzung für eine erfolgreiche und nachhaltige Veränderung, sowohl bei großen Transformationen als auch bei kleinen Change-Projekten. Denn „Kultur frisst Strategie zum Frühstück“. Dieses Zitat wird Peter Drucker zugeschrieben und ich erlebe dieses Wirkprinzip häufig bei Veränderungsvorhaben in Organisationen. Kulturwandel wird leider zu häufig in Organisationen vernachlässigt oder nicht berücksichtigt. Ein wesentlicher Grund liegt aus meiner Sicht darin, dass Organisationskultur für viele Führungskräfte und Manager nicht so einfach greifbar, erkennbar, beschreibbar und wandelbar ist. Mein erster Tipp: Lassen Sie sich nicht abschrecken von dem nicht so einfach greifbaren Thema Kulturwandel und haben Sie Mut, erste kleine, konkrete Schritte der Umsetzung zu starten.
Was ist Organisationskultur?
Unter Organisationskultur verstehe ich alle gemeinsamen Werte, soziale Normen und Einstellungen, die das Denken, Fühlen und Verhalten aller Beteiligten in einer Organisation prägen. Organisationskultur stellt eine soziale Norm dar, die „erwünschtes“ Verhalten belohnt und „unerwünschtes“ Verhalten sanktioniert.
Da Organisationskultur durchaus schwer konkret greifbar ist, halte ich viel davon, Bilder zu vermitteln, um Organisationskultur besser zu vermitteln.
Organisationskultur bildlich beschrieben:
- Organisationskultur ist wie ein Schatten der Organisation. Der Schatten ist nicht direkt veränderbar. Er verändert sich nur, wenn sich Menschen und Rahmen in der Organisation verändern.
- Organisationskultur verändern ist wie Wackelpudding an die Wand nageln.
- Organisationskultur ist das kollektive Gedächtnis einer Organisation.
- Kulturwandel ist wie Laufen lernen: Aufstehen, Ausprobieren, Losgehen, Hinfallen, Aufstehen, …
Wissenschaftlich betrachtet bietet Edgar Schein (Organisationspsychologe, 1928 bis 2023, https://www.scheinocli.org/) gute Ansätze zur Organisationskultur. Er beschreibt Organisationskultur in drei Ebenen: 1. Sichtbare, wahrnehmbare Dinge wie Verhaltensweisen oder gestaltete Ergebnisse; 2. Werte oder soziale Normen, die das Verhalten lenken; 3. Grundannahmen, die nicht bewusst wahrgenommen werden und die unterste Ebene darstellen. Vereinfacht gesprochen hat Organisationskultur eine sichtbare, wahrnehmbare Oberflächenstruktur und eine nicht sichtbare, nicht direkt wahrnehmbare Tiefenstruktur.
Wie können Führungskräfte Organisationskultur weiterentwickeln?
Da das Thema Organisationskultur für Führungskräfte und Mitarbeitende nicht einfach greifbar ist, empfehle ich, mit dem eigenen Team in vier Schritte vorzugehen.
Vier Schritte für den Kulturwandel: Organisationskultur …
- … erkennbar machen
- …beschreibbar machen
- … wandelbar
- … erlebbar machen.
Abbildung: Kulturwandel in vier Schritten
Worin liegt der Sinn, Kulturwandel erkennbar und beschreibbar zu machen?
- Gemeinsame Sprache und Sichten finden: Erst wenn wir gemeinsam in der Lage sind, Organisationskultur in Worte zu fassen, können wir eigene konkrete Sichten entwickeln und uns darüber konkret und klar austauschen.
- Erkennen und Identifizieren: Eine klare Beschreibung von Merkmalen der Organisationskultur ermöglicht es Führungskräften und Mitarbeitenden, den Ist-Zustand besser zu erkennen und Veränderungspotenziale zu identifizieren.
- Zielformulierung: Auf Basis der konkreten Beschreibung von Merkmalen der Organisationskultur können auch Ziele und Veränderungswünsche einfacher entwickelt und beschrieben werden.
- Klarheit über den Veränderungsfortschritt: Eine beschreibbare Organisationskultur erleichtert es, gemeinsam zu erkennen und zu beschreiben, welche Veränderungen bereits gelungen sind und welche noch nicht.
- Einbindung der Mitarbeitenden: Die Beschreibung von Organisationskultur bietet den Mitarbeitern eine Orientierung und ein Verständnis für den Kulturwandel und erleichtert eine Einbindung der Mitarbeitenden.
Wie können Führungskräfte Kulturwandel erkennbar und beschreibbar machen?
Um weitere Konkretheit in das Thema Kulturwandel zu bringen, empfehle ich, Führungskräften, erst alleine und dann mit dem Team Kulturmerkmale im Führungsbereich zu reflektieren. Hierzu habe ich ein Kultur-Canvas entwickelt, das auf einem Din A4-Blatt wesentliche Kulturelemente und erste Fragestellungen auflistet. Da jeder Führungsbereich einen unterschiedlichen Reifegrad in der Kultur und unterschiedliche Aufgaben hat, kann jeder Führungsbereich auch unterschiedliche Kulturmerkmale und Fragestellungen in einem Kultur-Canvas auflisten.
Ich nutze das Format eines Canvas, da es Inhalte übersichtlich strukturiert und visualisiert und den fokussierten Austausch über wesentliche Inhalte fördert.
Zu Beginn ist es wichtig, sich klar zu machen, über welchen Beobachtungsraum bzw. welche Systemgrenzen beim Kulturwandel gesprochen werden soll. Dazu passen die Fragestellungen „Was gehört dazu?“ und „Was gehört nicht dazu?“.
Weiterhin ist es zum Start relevant, sich Klarheit zu verschaffen, wozu ein Kulturwandel in den beschriebenen Systemgrenzen diesen soll. Die Fragestellung „Was ist der Sinn von unserem Kulturwandel?“ ist hierbei hilfreich.
Und im Folgenden benenne ich beispielhaft Merkmale von Organisationskultur, die ich gerne mit Teams diskutiere.
Erkennbare und beschreibbare Merkmale von Organisationskultur
- Äußere Arbeitsumgebung, Symbole, z.B.
- Wer hat welches Büro? Büroausstattung? Technische Geräte? Kleidung? Türschilder? Dienstwagen?
- Strukturen, Prozesse, Systeme, z.B.
- Einfach, kompliziert, komplex? Transparent, undurchsichtig?
- Formale Kommunikationswege und Art der Kommunikation, z.B.
- Einfach, kompliziert, komplex? Transparent, undurchsichtig? Umgang bei Konflikten? Auf Augenhöhe? Mit Wertschätzung? Mit Beteiligung?
- Formale Entscheidungswege und Art der Entscheidungen, z.B.
- Einfach, kompliziert, komplex? Transparent, undurchsichtig? Schnell, langsam? Auf Augenhöhe? Mit Wertschätzung? Mit Beteiligung?
- Informale Kommunikations- und Entscheidungswege, Machtstrukturen, z.B.
- Wer? Wie? Bei welchen Themen?
- Verhaltensweisen, Denkmuster, Rituale, Führung, z.B.
- Wie geht Führung mit Mitarbeitenden um? Wie gehen Mitarbeitenden untereinander um? Sie/Du-Kultur? Wie laufen Besprechungen? Wer geht mit wem Essen?
- Belohnungs-, Sanktions-, Zielsysteme, Regeln, z.B.
- Was fördert bestimmtes Verhalten, Haltungen Werte? Was hindert bestimmte Entwicklungen/Veränderungen? Wobei gibt es Zielkonflikte?
- Unsere alten erzählten Geschichten (Mythen, Glaubenssätze), z.B.
- Hier muss man …; Hier kann man nur …; Jeder weiß, dass …; Wenn Du Dich nicht so verhältst, dann …;
- Unsere aktuell wirklich gelebten Werte, Haltungen, z.B.
- Vertrauen, Umgang mit Fehlern, Feedback auf gute Weise, Augenhöhe, Wertschätzung, …
Kultur-Canvas: Organisationskultur beschreibbar machen
Hebel für die Umsetzung von Kulturwandel
Wenn Sie und Ihr Team mehr Klarheit über Merkmale von Organisationskultur in Ihrem Führungsbereich haben und die Merkmale erkennen und beschreiben können, kann der nächste Schritt des Kulturwandels wirksamer umgesetzt werden. Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wohin die Kulturreise gehen soll, welche Hebel wirksam sind und wie neues Kulturerleben geschaffen werden kann.
Systemischer Blick auf Kulturwandel
Hierzu hilft meines Erachtens ein systemischer Blick auf Kulturwandel und den Zusammenhang zwischen Personalentwicklung, Organisationsentwicklung und Kulturwandel zu reflektieren:
Menschen verhalten sich in einem System aus ihrer Sicht völlig logisch. Deshalb braucht es neben der Befähigung von Menschen auch eine Anpassung des organisatorischen Rahmens. In einem neuen organisatorischen Rahmen erhalten neu gelebte Werte, Haltungen und Verhalten einen Erlaubnisraum und können sich als neue soziale Normen etablieren.
Zwei einfache Beispiele hierzu zur Veranschaulichung:
Sie erkennen, dass in Ihrem Team wenig Feedback zu Situationen, Menschen, Herausforderungen oder Problemen gegeben wird. Sie geben Ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, als Personalentwicklungsmaßnahme an einer Feedback-Fortbildung teilzunehmen. Aus systemischer Sicht reicht diese Personalentwicklungsmaßnahme nicht, wenn der organisatorische Rahmen nicht angepasst wird. Ein organisatorischen Rahmen wäre zum Beispiel, organisationale Feedback-Schleifen zu etablieren, wie eine regelmäßige Retrospektive oder ein Check-in/Check-out bei Team-Besprechungen. So erhalten die durch eine Personalentwicklungsmaßnahme weiterentwickelten Kompetenzen auch einen organisatorischen Erlaubnis- und Erlebnisraum, um sich im Kulturwandel zu etablieren. Andersherum gilt diese Logik auch: Also organisatorische Rahmen reichen nicht, wenn hierzu Kompetenzen nicht weiterentwickelt werden.
Als ein anderes Beispiel kann ein Konflikt von zwei Team-Mitgliedern aufgrund unterschiedlicher Zielvorgaben dienen. Es reicht nicht, Vertrauen und einen guten Umgang miteinander bei den Team-Mitgliedern zu stärken. Es bedarf auch einer kritischen Überprüfung des organisatorischen Rahmens hinsichtlich der unterschiedlichen Zielvorgaben.
Fragestellungen, um Hebel für den Kulturwandel zu identifizieren
Deshalb empfehle ich Führungskräften und ihren Teams zur Identifikation von Hebeln für den Kulturwandel die Reflexion und Beantwortung folgender Fragestellungen:
- Wo stehen wir gerade hinsichtlich unserer Kulturmerkmale?
- Wohin soll die Reise gehen? Was ist unsere Vision hinsichtlich dieser Kulturmerkmale?
- Welche organisatorische Rahmen können wir verändern, um neues Erleben (Werte, Haltung, Verhalten) zu ermöglichen?
- Wie können Führungskräfte und Mitarbeitende für den Kulturwandel befähigt werden? Welche sinnvolle Kompetenzen sind für die neuen organisatorischen Rahmen zu entwickeln?
- Wie können wir den Prozess des Kulturwandels fortlaufend gestalten, indem neues Verhalten, Haltungen und Werte bewusst geübt und erlebt werden können?
Bei diesen Fragestellungen zeigt sich, dass der Weg des Kulturwandels anspruchsvoll ist. Sollten Führungskräfte deshalb die Finger vom Kulturwandel lassen? Ich sage NEIN. Seien Sie mutig und starten Sie in kleinen Schritten.
Mein Fazit zu „Kulturwandel erkennbar und beschreibbar machen: Tipps für Führungskräfte“
Nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf bei Rückfragen, Klärungsbedarf oder Interesse an einer Vertiefung zum Thema „Kulturwandel“.